Kaum haben sich die Hochwasserwogen von Juni geglättet, dauerte es nicht sehr lange, bis die Ersten dazu aufgerufen haben, eine verschärfte Bejagung von Nutria und Bisam zu fordern, um vor künftigen Hochwassern geschützt zu sein.
Zwar standen zunächst die Landwirte, genauer gesagt der weit verbreitete Maisanbau in der Kritik, doch nun sind es u.a. die Tiere, die mal wieder in den Fokus geraten.
Eine sehr praktische Angelegenheit, denn sie können sich nicht wehren und haben, im Falle von Nutria und Bisam, mangels Bekanntheitsgrad auch nicht so eine große und starke Lobby.
Betrachtet man nun das Gebiet, aus dem dieser Ruf nach großangelegter Sonderbejagung laut wurde ( an der Issel / Niederrhein ) , fällt auf, daß genau hier sehr viel Landwirtschaft betrieben wird.
Hier fehlen oft die nötigen Gewässerrandstreifen von mindestens 10 Metern.
Wie im nebenstehenden Beispiel eines Teilstückes der Issel, welches bereits in der Vergangenheit, neben anderen, wegen fehlender bzw. nicht ausreichender Gewässerrandstreifen bemängelt wurde.
Quelle:
wasserwerknetz-nrw.de - fehlende Gewässerrandstreifen Issel
Aber auch versiegelte Flächen finden sich hier teilweise in Gewässernähe. Zudem ist der Verlauf der Issel in großen Teilen schnurgerade ( menschengemacht ). Also alles Faktoren, die Hochwasser begünstigen.
Dass sich nun entlang der Issel auch Bisame und Nutrias aufhalten, wird jetzt als problematisch gesehen. Dabei kommt es weltweit zu Überschwemmungen auch an Orten, wo garkeine dieser Tiere zu finden sind.
Warum also nicht einfach dem Gewässer mehr Platz lassen (siehe auch TEEB-Studie Link unten) ? Bisher haben sich vor allem die Landwirte vehement dagegen gewehrt, jedoch sind auch gerade sie jetzt mit die stark Betroffenen, mit Feldern, auf denen das Wasser steht, die Schaden genommen haben und im Moment unbrauchbar sind. Zusätzlich wurde hier, in der Not, auch noch zusätzlich an einigen Stellen der Deich bewusst geöffnet, um dem Wasser Platz zu lassen.
Gerade in Anbetracht der nicht mehr zu verdrängenden Wetterveränderungen sollte man doch nach langfristigen Lösungen suchen. Und hier sind alle gefragt, auch Versiegelungen und vermeidbare Verdichtungen der Böden sollten unter anderem reduziert werden.
Jetzt eine Bejagung von Tieren zu fordern ist kurzweilig und kontraproduktiv.
Denn bei beiden Tierarten ist belegt, daß eine Bejagung die Reproduktionsrate fördert.
Und wenn keine anderen ausreichenden Maßnahmen, wie Umgestaltung der Ufer, Renaturierungen und Deichrückverlegung gemacht werden, wird man die Hochwassergefahr nicht bannen können.
Wenn man andererseits diese Maßnahmen macht, erübrigt sich automatisch eine Bejagung, da diese und andere uferbewohnende Tiere dann sowieso niemanden mehr stören können.
- Link zum Artikel bzgl. Forderung einer Sondergenehmigung zum Abschuss von Nutria und Bisam
- Artikel von Dr. S. Venturini bzgl des Hochwassers 2014 / Modena
- Zum Ergebnis der TEEB-Studie, die ebenfalls zu dem Schluss gekommen ist, daß Deichrückverlegungen, ausreichend breite Gewässerrandstreifen und Überschwemmungsflächen sinnvoll sind, ökologisch und ökonomisch.
fotos: 1. Nutria Bild: Frank Steffen / www.pixelio.de - Issel: Nora Guttmann - 2. Nutria Bild: A. Di Monaco