Bezeichnend sind immer wieder die Aussagen mancher Jäger zur Bejagung der Nutrias. Vor allem genannt, da diese meist auch diejenigen sind, die oft unkritisch als Informationsquelle für die Medien bzw Presse dienen.
Wie wenig man über diese Tierart weiß, zeigt sich dann aber in den Aussagen.
Die wundersamen Vermehrungsraten
Die Nutrias haben eine Tragzeit von in der Regel 132 Tagen ( das entspricht umgerechnet knapp 4,7 Monate ), da kann es schon rein rechnerisch aufgrund der Anzahl Tage, die ein Jahr hat, zu nur maximal 2,7 Würfen kommen. Nicht wie immer wieder behauptet 3 Würfe. Manche dichten ihnen sogar schamlos 4 Würfe an.
Das Jahr dürfte aber auch für Jäger nicht länger sein, kommt ihnen vielleicht nur länger vor ? Durch die Stunden auf dem Hochsitz vielleicht? Ich weiß es nicht.
Thema Aufhebung des Muttertierschutzes bei der Jagd auf Nutrias
Man kann durchaus die Geschlechter unterscheiden, wenn man sich Mühe gibt.
Zum einen gibt es Größenunterschiede, zum anderen sieht man bei Beobachtung der Tiere, ob es sich um ein Muttertier mit Jungen handelt oder nicht, da diese sich auch immer in der Nähe aufhalten. Sie werden sogar im Wasser gesäugt. Denn bei dieser Tierart liegen extra dafür die Zitzen auf der Oberseite des Rückens.
Aber mit der von den Jägern vehement für die Nutriajagd geforderten und tierschutzwidrigen Aufhebung des Muttertierschutzes, die in eigenen Bundesländer bereits schon umgesetzt wurde, ist es für sie halt einfach praktischer und einfacher, einfach draufzuhalten und abzudrücken.
Sie sind so immer gesetzlich ( moralisch sowieso nicht ) auf der sicheren Seite und können nicht mehr, wie manches Mal in der Vergangenheit, deswegen angeklagt werden.
Aber auch soviel zur von den Jägern immer wieder gepriesenen " Waidgerechtigkeit " und man wäre ja so fair und respektvoll bei der Jagd.
Aber ich glaube die jüngeren Influencer und Instagramjäger kennen den Begriff sowie so nicht mehr. Da sind andere Sachen wichtiger, wie die Anzahl der Follower und das möglichst schönste Foto von sich und dem getötetem Tier.
Die immer wieder propagierte steigende Zahl der Nutrias
Dass die Zahl der Nutrias steigt, wäre nicht verwunderlich, denn sie werden ja bereits seit einiger Zeit bejagt, und die Jagd fördert bei dieser Tierart ( wie bei vielen anderen auch) immer die Reproduktion.
Die Jäger streiten diese Tatsache, die praktisch ein Naturgesetz zur Erhaltung einer Art ist, regelmäßig ab. Obwohl sie längst wissenschaftlich erwiesen ist, und sich immer auch in der Realität bestätigt. Je nach Art ist dies unterschiedlich stark ausgeprägt.
Viele verstehen es auch einfach nicht, es ist ihnen zu kompliziert, weil sie eben meist gerade mal über Grundwissen verfügen. Der Jagdschein beinhaltet zwar viele verschiedene Themen, aber eben nicht alles wirklich in der Tiefe.
Gerade bei Beutetieren, zu denen die Nutrias gehören, ist diese " Einrichtung" überlebenswichtig und hat sich die letzten 30 Millionen Jahre bei den Nutrias bewährt, vielleicht sogar auch weiter ausgeprägt.
Und nein, der Spruch: Dann brauchen wir die Arten die aussterben, wie z.B. den Feldhasen ja nur mehr bejagen, funktioniert nicht.
Denn wenn alle anderen Lebensbedingungen so schlecht sind, ist eben irgendwann mal Schluss.
Schaut man sich landesweit die Jagdstatistiken zur Nutriajagd an, sieht man ebenso eindrücklich, dass ab Beginn der Bejagung die Jagdstrecken ( Anzahl erlegter Tiere, incl. Fallwild/ Verkehrsopfer) kontinuierlich steigen.
Wie verlässlich die Bestandszahlen sind, wird man wohl nicht genau sagen können, da ein richtig korrektes Monitoring mit Zählung einzelner Tiere nicht stattfindet. Man hat also nur die Zahl der erlegten Tiere, die Sichtungen und Hochrechnungen.
Warum steigt die Zahl der Nutrias ?
Es gibt darauf eben 5 mögliche Antworten:
1. die Nutrias reagieren gemäß ihrer Art auf die hohen Verluste mit einer erhöhten Reproduktionsrate, heißt mehr Würfe, größere Würfe und Frühreife. Also mit Anpassung an die Situation um als Art ihr Überleben zu sichern.
2. man weiß jetzt, durch Beobachtungen und Meldungen, überhaupt erstmal wieviele Nutrias es in den einzelnen Gebieten gibt und es gab diese Anzahl auch schon vorher, nur hat eben keiner gross drauf geachtet bzw. dachte es sei der Bisam oder schon fast der nächste Punkt
3. es sind garnicht soviele Nutrias, weil ein Teil der gesichteten Tiere dann doch Bisame waren, weil a) viele sie bis heute nicht auseinander halten können, b) sie aus der Ferne tatsächlich sehr schwer zu unterscheiden sind., Auch Verwechslungen mit dem Biber sind möglich.
Wer da also nicht wirklich ein geschultes und gutes Auge hat, kann sich einfach auch vertun. Und da manche Jäger ja oft mangels schlechtem Erkennen auch regelmäßig mal ein Pony erschiessen, statt einem Wildschwein oder einen Kollegen, statt einem Nutria, ist ja nicht von der Hand zu weisen, dass einige wohl nicht so gut gucken können.
Aber selbst in Ruhe (und mit vielleicht sogar Brille) wurden u.a. z.B. offizielle Merkblätter zur Bejagung verfasst, und existieren noch, die die beiden Tiere nicht korrekt abbilden.
4. Die Zahl der Nutrias ist mehr oder weniger frei erfunden um weitere Bejagung zu rechtfertigen. Denn wo viele sind, kann man sie als Plage und gefährlich bezeichnen und hat einen guten Grund zur Tat schreiten zu können um sich eben auch als Retter und Befreier feiern zu können. Der natürliche Drang zur Übertreibung um etwas zu rechtfertigen oder die gezielte Panikmache um etwas zu erreichen/ auszulösen.
5. Es sind mehr Tiere trotz Bejagung, also die Bejagung funktioniert irgendwie nicht , siehe Punkt 1
Klimawandel
Das Argument, es wären mehr Tiere durch den Klimawandel, weil die Winter wärmer sind, ist so nicht wirklich ausschlaggebend.
Denn durch eben diesem Klimawandel gibt es auch vermehrt Hochwasser, wo regelmäßig viele Nutrias einfach ums Leben kommen ( ist tatsächlich so ) und es gibt, gab, lange Dürrezeiten, wo viele Gewässer trocken fielen, teils immer noch sind, Nahrung verdorrte und somit fehlte und z.B. Gewässer umkippten.
Was den Klimawandel betrifft dürfte es sich wahrscheinlich die Waage halten, aber keinesfalls diesen genannten immensen Anstieg erklären.
Mehr Feinde, statt keine
Zusätzlich zu den bestehenden gibt es auch immer mehr Feinde für die Nutrias. Zum einen Wildtiere, die Nutrias für sich im Speiseplan haben und mehr geworden sind, wie Fischotter, Seeadler als Beispiel, als auch viel mehr freilaufende Hunde, die eben auch für die Nutrias ein Problem sein können.
Beim Bisam nicht anders
Das Phänomen der kontraproduktiven Bejagung gilt übrigens natürlich auch für den Bisam, der ja bereits seit Jahrzehnten bejagt wird, nicht von den Jägern, sondern speziellen Bisamjägern. Hat man damals ausgerechnet in Bremen festgestellt bzw dokumentiert, dort, wo mit am meisten seitens der Jäger gegen die Nutrias gewettert wird, schon der Muttertierschutz abgeschafft wurde und auch nächtliche Bejagung fordert.
In der Öffentlichkeit wird dies meist totgeschwiegen. Obwohl diese Tiere die Zahl der Nutrias um ein Vielfaches übersteigen und sie flächendeckend in Deutschland verbreitet sind, weil sie anpassungsfähiger sind, da sie aus Nord und nicht Südamerika stammen.
Die Bisambestände sinken meist erst dann regelmäßig, wenn die Nutrias sich ansiedeln. Denn es ist bekannt, dass die Nutrias den Bisam aus dem Revier drängen.
Weswegen sie einigenorts einst speziell deswegen angesiedelt wurden. Als „Schädlingsbekämpfer“.
Obwohl auch bei Bisam längst klar ist, dass auch er nicht diesen „ Schaden“ anrichtet, der ihm nachgesagt wird.
Aber das juckt ja niemanden. Egal ob es von Professoren kommt oder anderen Kritikern.
Die vielzitierten Schäden
Schadensanalysen werden so gut wie nie durchgeführt und Schäden pauschal den Nutrias angelastet.
So der mediale Tenor, wohingegen bei z.B. Deichschauen regelmäßig auch andere Gründe für Deichschäden genannt werden, wie die anderer zahlreicher Tiere, Wühltiere, menschliche Nutzung oder in den letzten Jahren vermehrt hinzu gekommen, Schäden durch Dürre und Hitze (z.B. Trockenrisse, oder vermehrter Bewuchs mit unerwünschten Pflanzen wie Disteln )
"Da ist ein Loch, das muss ja dann von einem Nutria sein"
So manches in Artikeln und Medien " stolz" präsentierte Loch hat auch schonmal Ausmasse, da würde ein Nutria grad mal mit der Nase hereinpassen. Aber egal. Wenn ein Loch da ist, muss es ja von einem Nutria sein. Da ist es egal, ob es überhaupt nicht durchpasst oder dass es sich um Lüftungslöcher oder Notausgänge handelt, die bei dieser Tierart garnicht benötigt werden, bei anderen dagegen schon.
Denn Nutrias bekommen im Gegensatz zu anderen Tieren schon völlig „fertige“ Junge. Sie haben Fell, frieren also nicht und sind nicht so wärmebedürftig . Sie können sehen, laufen und sind schon am ersten Tag mit ihrer resoluten Mama unterwegs und schwimmen umher.
Kurz Nestflüchter.
Sie haben somit garnicht diese grossen Ansprüche an ihr Nest/ Unterkunft, wie andere Tiere, die nackt und blind Wochen brauchen bis sie „fertig“ für die harte Welt dort draussen sind.
Eben aus diesem Grund begnügen sich Nutrias oft auch schon mit Uferüberhängen als Schutz, oder Nestern, je nachdem auch was die Umgebung her gibt. Ob viel Vegetation vorhanden ist oder nicht, viel Trubel oder Ruhe herrscht.
Ein Höhle ist natürlich komfortabel, ohne Frage, kann besseren Schutz vor Wind, Wetter und Feinden bieten. Aber sie brauchen eben auch keinen weitreichenden Palast der gut belüftet ist und ein Nest für Wochen darstellt.
Regelmäßig wird halt " vergessen" dass es eine Vielzahl anderer Tiere gibt, die an Gewässern leben und vor allem, das fast alle Schäden, entweder durch andere Gestaltung hätten vermieden werden können oder grundsätzlich andere und menschengemachte Ursachen haben.
Allen voran die seit Jahren geforderten immernoch fehlenden ausreichend breiten Gewässerrandstreifen und Pufferzonen zu Deichen und Dämmen.
Denn speziell Nutrias brauchen dass Wasser um vor ihren Feinden durch abtauchen flüchten zu können.
Deswegen nehmen sie ihre Unterkünfte ( meist sind es verlassenen Höhlen anderer Tiere) immer direkt am Gewässerrand und nicht mehrere Meter weit entfernt.
Man muss eben auch einfach mal verstehen, dass Menschenschutz ( also Schutz vor Hochwasser, Schutz des Wassers/ Trinkwassers ) auch gleichzeitig wunderbar Natur und Artenschutz sein kann und nur so auch effektiv ist.
Und wo es nicht geht, da muss man eben entsprechend baulich bzw. technisch nachhelfen. Möglichkeiten gibt es und sind bekannt.
Das ist nachhaltiger statt wie irre irgendwelchen Tiere hinterherzujagen. Was ja auch viel Geld und Zeit kostet.
Die Höhe der Schäden
Bezifferung von tatsächlichen Schäden, die allein auf die Nutrias zurückzuführen sind, sind in all den Jahren bisher noch keinem Bundesland gelungen. Zumindest ist mir nichts konkretes bekannt.
Meist beschränken sich die "Schäden" auf Gewässer 2.Ordnung, da ein entfernter Deich kein Lebensraum für die Nutrias ist.
Dagegen kann man halbwegs nachvollziehen, wieviele Millionen bereits in die Jagd investiert wurden und noch werden.
Wenns um Menschenleben geht, muss immer erst was passieren, wenns um Tiere geht, tötet man einfach mal auf Verdacht. Egal ob das ein Vielfaches mehr kostet, als das, was an Schaden entstehen könnte.
Da haben sie Recht !
In einem haben Jäger recht, wenn sie sagen „der Aufwand für die Jagd lohnt nicht“.
Denn weder werden dadurch Schäden grundsätzlich vermieden, noch sinken die Bestände.
Einzig die Tatsache, dass hier ein neues Ersatzwild für die seit Jahren sinkenden Bestände von Niederwild "gefunden" und " kreiert" wurde, durch Verbreitung von teils Ammenmärchen und nachdrücklichen Hetzkampagnen in Medien und Co. gegen diese Tiere, ist ein "Erfolg", aber nur für die Jäger.
Und da die Nutria ja nun inzwischen in vielen Bundesländern auf massives Drängen der Jagdverbände ins Jagdrecht genommen wurde, zitiere ich gerne folgende Aussage des Umweltbundesamtes
Zitat:
„Der europäische Bestand sichert die Art, die im Herkunftsgebiet Südamerika lokal schon ausgerottet ist.
Dadurch, dass Nutria in manchen Bundesländern dem Jagdrecht unterliegt, obliegt dem Jäger auch die Hege des Bestandes." Zitat Ende
Anmerkung 2023
Nunja, Ausrotten wollen die Jäger die Nutrias ja auch bestimmt nicht, erstens dienen sie bzw ihre Bejagung immer wieder als "gutes Argument", wenn darum geht, dass wieder irgendwelche Fallen von Nöten sind, oder Freiheiten für Jäger durchgeboxt werden sollen, wie beispielsweise die Aufhebung vom Muttertierschutz,
Oder Schießen mit Nachtsichtgeräten, damit sie ihren Schindluder nicht mehr unter den Augen der immer kritischer werdenden Bevölkerung ausüben müssen. Mit der Folge, dass nicht nur die bejagten Tiere unter Dauerstress stehen und es garkeine ruhige Minute mehr gibt. Und hinterher wird wieder geheult, dass es immer weniger Vögel bzw Arten gibt.
Welcher Vogel hat noch Lust, dort zu brüten und zu leben, wo jederzeit die Hölle los gehen kann ?
Das machen dann nur noch die hartgesottenen.
Aber sich dann aufregen, wenn vielleicht irgendwelche Fische wie der Bitterling weniger werden, wo fraglich ist, ob diese selbst überhaupt zur heimischen Fauna gehören. Und noch fraglicher, ob die Nutrias überhaupt eine Schuld trifft.
Nutriafleisch
Und ein weiteres Interesse zur Erhaltung der Art Nutria in Deutschland scheint mittlerweile der Fleischverkauf zu sein.
So massiv wie er derzeit auf allen Kanälen beworben wird.
Der aber vielleicht genau so ein Rohrkrepierer werden wird, wie die glorreiche Idee mit dem Fellverkauf, Projekt Fellwechsel.
Wo abgesehen von der fehlenden Nachfrage das Problem wohl der sowas von zerschossenen Felle war bzw die in so miserablen Zustand waren, dass die Nutrias teils ganz aus dem Programm genommen wurden. Dazu natürlich noch der Preisdruck aus dem Ausland.
Naja, und wer will auch zerschossenes bleihaltiges Fleisch aus pestizidhaltigen und mit Umweltgiften und Medikamenten belasteten Gewässern, das dann auch noch teuer ist ?
Wer Bio und gesund haben will, braucht „Bio“ und gesunde Gewässer, womit wir automatisch wieder beim Thema ausreichend breite Gewässerrandstreifen sind !
In anderen Ländern wars bisher jedenfalls selbst mit teuren Marketingstrategien kein Erfolg.
In der Not und bei Mangel isst man alles. Von beidem sind wir hier in Deutschland aber noch weit entfernt.
Leider eben aber auch weit entfernt von einem vernünftigen Umgang mit unseren Mitlebewesen und der Natur.