Gutachten sind in der Regel Mittel um möglichst objektiv ( so sollte es zumindest sein ) Probleme und Sachlagen richtig einzuschätzen. Sind überhaupt z.B. Schäden vorhanden, wenn ja welche und wie groß sind diese. Um eben anschließend entsprechend sinnvoll auf eben diese zu reagieren.
In gewisser Weise verlangt dies auch die EU-Verordnung im Umgang mit gelisteten Arten, vor allem wenn diese zu den bereits weit verbreiteten Arten, wie Nutria, Waschbär und Co. gehören.
Vor Ergreifung irgendwelcher Maßnahmen soll geprüft werden, ob diese in einem angemessenen Kosten-Nutzen Verhältnis stehen. Zusätzlich wird ein Monitoring gefordert. Generell, aber auch speziell, wenn dann Maßnahmen ergriffen werden, letztlich auch, um deren Nutzen zu überprüfen.
In der Realität werden aber eher selten Gutachten in Deutschland erstellt. Und in der Regel auch selten die Ergebnisse abgewartet, sondern man tötet meist schon vorher bzw generell. Ein Pauschalverdacht reicht aus.
Dies wurde in der Vergangenheit bereits von diversen Wissenschaftlern bzw Biologen kritisiert ( z.B. S.Venturini/ D.Scheide )
Geringe Schäden
Zitat aus dem Artikel
„ Es konnten diverse Schäden, mit Schwerpunkt von Schäden an Ufern und dem Sedimenteintrag in die Gewässer,
sowie geringe ( !! ) Schäden an der Ufervegetation, Zier- und Kulturpflanzen, ermittelt werden “
„ Schäden“ können wenn, nur an künstlichen Ufern entstehen, denn an natürlichen Ufern sind Uferabbrüche zu begrüßen und Teil der natürlichen Abläufe an den Uferstrukturen.
Auch Sedimenteinträge sind perse nichts negatives. Kommen aber auch vermehrt vor durch u.a. den jetzigen Klimawandel. Wie lange Dürrezeiten, gefolgt von vermehrten Starkregenereignissen .
Die Lösung sollte eigentlich nach wie vor lauten, die seit Jahren geforderten ausreichend breiten Gewässerrandstreifen durchzusetzen.
Deren Nutzen seit Jahren bekannt und sogar wissenschaftlich belegt ist ( TEEB-Studie ) Nutzen für den Hochwasserschutz, die bessere Wasser bzw Trinkwasserqualität und Förderung der Artenvielfalt. Ganz nebenbei eben auch Vermeidung von Konflikten mit im Wasser und am Wasser lebenden Tieren.
Ebenso wird auch in der EU-Verordnung selbst gefordert, dass Habitate gestärkt werden, damit der Einfluss von vermeintlich invasiven Arten nicht so stark ausfällt bzw garnicht auftritt.
Im Falle Nutria bedeutet dies z.B. eben
oben beschriebene Gewässerrandstreifen,
Renaturierungen von Gewässerabschnitten wo es möglich ist und
Deichrückverlegungen .
Übrigens fordert die EU bereits seit Jahren von Deutschland, incl Strafzahlungen, eine Verbesserung der Gewässerzustände sowie Wasserqualität. Aber da ignoriert Deutschland stur die Verordnung. Trotz hoher Strafzahlungen.
Keine Gefahr für den Hochwasserschutz
Die wichtigste Aussage des Gutachtens bzw der Umweltbehörde ist (nicht überraschend):
„ Eine Beeinträchtigung des Hochwasserschutzes durch die Nutrias konnte im Rahmen der Untersuchung nicht nachgewiesen werden “
Nicht überraschend, weil regelmäßig bei diversen Deichschauen Nutrias weniger das Problem sind, ebenso diverse bereits gestellte kleine Anfrage an die jeweiligen Stellen, Deiche nicht oder selten als betroffen aufzeigen.
Töten ohne vernünftigen Grund, selbst Muttertierschutz soll aufgehoben werden
Trotzdem lautet die Überschrift in dem Artikel „ Umweltbehörde empfiehlt flächendeckend Bejagung“
Wirklich klar wird aus dem Artikel nicht, ob das tatsächlich auch die Forderung der Umweltbehörde ist oder nur eine gewünschte Überschrift.
Gefordert wird nun nicht nur eine Aufnahme der Nutrias ins Jagdrecht, also eine Intensivierung der Bejagung , sondern, um es so richtig absurd und gegen das geltende Tierschutzgesetz zu gestalten, sogar eine Aufhebung des Muttertierschutzes.
Kurz, im Gutachten wurde allem Anschein nach festgestellt, dass nicht wirklich gravierende Schäden entstehen, der Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt wird, aber getötet werden sollen trotzdem alle Tiere.
Weil so hatte man das vor, umdenken ist nicht und Hauptsache man macht was. Und vor allem Hauptsache man genehmigt versprochene weitere Gelder für die Bejagung.
Rechtlich sind Kastrationen kein Problem
Natürlich wird auch wieder behauptet, es gäbe rechtliche Hürden vor Projekte in denen man Kastrationen vornehmen könnte.
Nein, die gibt es nicht. Nicht seitens der EU-Verordnung.
Auch nicht wirklich seitens unserer nationalen Gesetze. Und andere Länder wie Italien, Dänemark als Beispiel schaffen es ja auch.
Und natürlich wird auch wieder behauptet, dass Nutrias keine Feinde hätten, was längst widerlegt ist. Aber geschenkt. Dieses Gerücht und vermeintliche Argument wird es sicher noch in 100 Jahren geben, sofern die Menschheit dann noch lebt.
Genauso wie sich immer noch auf drei Würfe pro Jahr verwiesen wird. Obwohl auch hier ein Jahr nur 365 Tage hat und die Tragzeit der Nutrias 132 Tage dauert.
Manchmal sind wohl Fakten und Jahre sehr dehnbar …